Was ist ein Hornhautulcus?
Die Hornhaut (= Kornea) ist die glänzende, durchsichtige Membran, die den vorderen Anteil des Auges ausmacht. Sie dient zusammen mit dem Tränenfilm dem Schutz des Auges. Um die Entstehung des Hornhautulcus zu verstehen, ist ein Verständnis des Aufbaus der Hornhaut nötig.
Die Hornhaut besteht aus mehreren Schichten. Die äußerste Schicht ist ein sogenanntes mehrschichtiges Plattenepithel, welches aus mehreren Zelllagen besteht. Die unterste Lage wird Basalmembran genannt. Darunter liegt das aus Kollagenfasern bestehende Hornhautstroma. Anschließend folgt das sog. Endothel mit der Descemet’schen Membran. Die einzelnen Schichten sind mit dem bloßen Auge nicht zu differenzieren, können aber bei Hornhautschäden angefärbt werden.
Je nachdem welche Hornhautschicht betroffen ist, spricht man entweder von oberflächlichen Hornhauterosionen/-abrasionen (= oberflächlicher Hornhautdefekt, der nur die Zelllagen des Epithels betrifft) oder tiefergehenden Geschwüren (Hornhautulcus, Plural: Ulcera). Sobald das Epithel geschädigt und das Stroma betroffen ist, handelt es sich um ein Hornhautulcus. Im schlimmsten Fall geht das Geschwür bis auf die Descemet’sche Membran (= Descemetocele). Dieser Zustand ist äußerst kritisch, da im fortschreitenden Verlauf eine Hornhautperforation möglich ist, die zu einem „Auslaufen“ des Auges bis hin zu einem absoluten Verlust des Auges führen kann.
Wie kommt es zu einem Hornhautulcus?
Die meisten Hornhautulcera sind traumatisch bedingt. Oftmals sind sie Folge einer Verletzung durch z.B. vermehrtes Reiben, Katzenkrallen, spitze Gegenstände (Dorn) oder durch Reaktionen auf Chemikalien, z.B. reizendes Shampoo. Zudem können systemische Erkrankungen, wie Diabetes mellitus, Morbus Cushing oder eine Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) das Entstehen von Hornhautgeschwüren begünstigen. Bei einigen Rassen kann es auf Grund von angeborenen anatomischen Besonderheiten (Rassen mit prominent vorstehenden Augen, z.B. Mops und Französische Bulldogge) häufiger zu Hornhautulcera kommen. Vor allem Tiere mit Keratokonjunktivitis sicca (KCS, „trockene Augen“) haben oftmals chronische, schlecht heilende Hornhautgeschwüre. Beim Boxer ist zudem eine erblich bedingte Hornhautschwäche bekannt, die in Epitheldefekten resultiert. Betroffen sind hier meist mittelalte Tiere ab ca. 6-7 Jahren. Generell können aber alle Rassen jeden Alters an einem Hornhautulcus erkranken.
Welche Symptome finden sich bei einem Hornhautulcus?
Die Lidbindehaut ist gerötet, z.T. sehr stark. Ein Hornhautulcus geht mit Schmerzen einher. Das heißt, der Hund wird versuchen, sich das Auge zu reiben. Ganz typisch ist das schmerzbedingte Zusammenkneifen der Augenlider (= Blepharospasmus). Es kommt zu vermehrtem Tränenfluss des Auges bis hin zu schleimig-eitrigen Augenausfluss. Je nach Schädigung ist entweder eine leichte Trübung der Hornhaut oft auch das Ulcus selbst mit bloßem Auge zu beobachetn.
Wie wird ein Hornhautulcus diagnostiziert?
Es ist neben einer eingehenden Untersuchung des Auges mittel Spaltlampenmikroskop auch eine Anfärbung der Kornea mittels Fluorescein notwendig. Mit der Fluoresceinprobe können nicht epithelisierte Areale der Hornhaut angefärbt und entsprechend eine Aussage über das Ausmaß der Schädigung getroffen werden. Bei chronischen, nicht heilenden Defekten werden oftmals Tupferproben für eine bakteriologische Untersuchung gewonnen.
Wie wird ein Hornhautulcus behandelt?
Die Behandlung richtet sich nach Schwere des Hornhautdefektes. Bei oberflächlichen Abrasionen sind Vitamin A-haltige und/oder pflegende Augenmedikamente zur Förderung der Epithelsierung und eine schmerzstillende Komponente (meist Atropin-haltige Augentropfen) ausreichend. Unterstützend werden in der Regel antibiotische Augentropfen zum Schutz vor bakteriellen Sekundärinfektionen verordnet. Vor allem in der Anfangsphase ist ein häufiges Tropfen alle 4-6 Stunden notwendig.
Bei tiefgehenden Hornhautgeschwüren ist ein Schutz des Augenoberfläche nötig. Da Hunde Augenklappen selten tolerieren, muss durch einen chirurgischen Eingriff der Schutz der Hornhaut erfolgen. Hierbei werden entweder vorübergehend die Augenlider verschlossen (= Tarsorrhaphie) oder die Nickhaut mittels Naht über den Defekt gelegt (=Nickhautschürze). Bei Descemetocele oder perforierten (=durchgebrochenen) Hornhautulcera ist eine sog. Bindehautplastik („Flap“) oder Hornhautverschiebeplastik (Corneoconjunctivale Transposition, CCT) notwendig. Hier wird ein Anteil der Bindehaut oder der gesunden Hornhaut auf das betroffene Areal genäht, um so die Regeneration der Hornhaut zu erreichen. Nach Abheilung wird es zu einer Vernarbung des ehemaligen Geschwüres kommen.
Bei chronischen, nicht heilenden oberflächlichen Geschwüren ist hingegen notwendig die abgestorbenen, schlecht heilenden oberflächlichen Hornhautschichten abzutragen. Ihr Augenspezialist wird mit Ihnen die beste Therapieoption besprechen.
Generell gilt – je früher die Diagnose gestellt und eine Therapie eingeleitet wird, umso besser ist die Prognose!
Wenn ihr Hund glaubt, sie seien der Größte, holen sie keine zweite Meinung ein.
Gibt es Nebenwirkungen der Augentropfen?
Vereinzelt kommen Reaktionen auf Augentropfen/-salben vor. Sollte Ihr Hund nach Applikation der Medikamente schmerzhafter erscheinen, kontaktieren Sie bitte Ihren Tierarzt.
Häufig zur Schmerzstillung angewandt wird Atropin. Es vergrößert die Pupille und kann unter Umständen Lichtscheue verursachen. Der Zustand ist reversibel (=umkehrbar) und verschwindet einige Tage nach Therapieende selbstständig.
Gelegentlich wird nach Anwendung der Augenmedikamente vermehrtes Speicheln und/oder Schmatzen/Reiben der Schnauze beobachtet. Dies ist darauf zurückzuführen, dass über den Tränen-Nasenkanal ein geringer Anteil an Augenmedikamenten auch in den Rachenraum gelangt. Die meisten Augenmedikamente schmecken bitter, was zu den beschriebenen Reaktionen führt. Dieser Zustand ist nur von kurzer Dauer und bedenkenlos.
Wie ist der Verlauf und die Prognose bei einem Hornhautulcus?
Bei oberflächlichen Hornhautdefekten ist die Prognose für das betroffene Auge sehr gut. Bereits wenige Tage nach Therapiebeginn mit entsprechenden Augenmedikamenten ist eine Besserung zu sehen. Um einen chronischen Verlauf zu verhindern, sollte vor Absetzen der Augenmedikamente immer eine abschließende Kontrolle durch den Tierarzt erfolgen.
Im Rahmen des Heilungsprozesses wird es je nach Tiefe des Defektes zu einer Gefäßeinsproßung (=Neovaskularisation) der Hornhaut kommen, die in feinen roten Äderchen in der Hornhaut sichtbar wird. Diese Prozesse sprechen für ein abheilendes Geschwür und sind wünschenswert.
Chronische Defekte sind je nach Ursache oft schwerer in den Griff zu bekommen und haben ein Risiko für Rezidive (=erneutes Auftreten der Symptome). Die chirurgische Therapie bei tiefgehenden Defekten hat mit dem richtigen, sich an eine OP anschließenden Tropfplan ebenfalls eine gute Prognose.
Bei chirurgischer Versorgung mittels Bindehautschürze ist nach Abheilung eine Trübung infolge der Vernarbung im Bereich des ehemaligen Ulcus sichtbar. Dieser ist Folge des Heilungsprozesses und beeinträchtigt die Sehkraft in der Regel nicht.